2. Scribonius
- der Räuberhauptmann
Alsdann scharte ScriboniusWeggesellen um sich und
bildete eine Räuberbande, deren Anführer er wurde.
Sie besiegelten ihren Bund mit Blut und legten den
Schwur ab: "Jetzt und in Ewigkeit als die erbittertsten Feinde
der Hl. Dreifaltigkeit Jesus, Maria, aller Heiligen und Christen
leben und sterben zu wollen." Ihre erste Untat beging die Mordbande
an dem Klosterbruder Johannes. Es war derselbe, der Scribonius seinerzeit
in das Kloster aufgenommen hatte. Sie lauerten ihm an der Wegekreuzung
am Kamp te book" auf. Scribonius wusste, dass der Bruder
auf einem Botengange nach Dalheim war und auf dem Heimweg hier vorbeikommen
musste. Er vermutete, Geld bei ihm zu finden.
Die Bande hatte sich nicht getäuscht. Bald
kam der Bruder daher. Sie ergriffen ihn, warfen ihn zu Boden, zogen
ihm das Oberkleid aus und raubten alles, was der Unglückliche
bei sich hatte. Als dann der Arme den Scribonius ansah und wehmütig
sagte: Habe ich das von dir verdient, mein Sohn?" stürzte
sich dieser auf seinen alten Freund, riss ihm die Zunge aus und
verstümmelte ihn in scheußlicher Weise. Dann band er ihn
im tiefen Dickicht des Waldes mit starken Seilen an einen Baum,
wo der Ärmste nackt und verstümmelt fast vier Tage lang
lag, bis der Tod ihn erlöste.
Geld hatten die Mordbuben zwar nicht gefunden, wohl
aber die Klosterschlüssel. Scribonius nahm sie an sich, zog
das Ordenskleid an und ging so in der Dunkelheit auf bekannten Wegen
zum Kloster Böddeken, während seine Genossen im Walde
Wache hielten. Leise schlich er sich nach der Öffnung des äußeren
Tores in das Klosterinnere und gelangte in die Zelle des Bruders
Johannes. Hier schloss er die Schränke auf, raubte das aufbewahrte
Geld sowie andere Wertsachen und kehrte in derselben Nacht zu seiner
Bande zurück. Drei Tage lang wurde aus Freude über den
Erfolg ein Saufgelage abgehalten. Als sie am 4. Tage an den Baum
zurückkamen, lag der Bruder im Sterben. Sie schlugen ihn vollends
tot und verbargen die Leiche unter einem Haufen dürren Holzes.
Hier fanden sie nach Ablauf des Winters die Klosterbrüder,
die bisher geglaubt hatten, der Verschwundene sei nach Unterschlagungen
flüchtig und vom Glauben abgefallen.
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